Eine „Arbeitszeitregelung“ für den Pfarrdienst?! Warum die Dienstzeit quantifiziert wird…

EKHN
Von Oberkirchenrätin Dr. Sabine Winkelmann

Eigentlich ist es ein Widerspruch in sich: Ein lebensförmig ausgerichteter Pfarrdienst lässt sich nicht mit einer Arbeitszeitregelung vereinbaren. Dementsprechend wird auch der geistliche Stand von der Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung bislang ausgenommen.

Dennoch hat die Kirchenleitung im Dezember 2023 eine Orientierungshilfe mit Richtwerten für verschiedene Aufgaben und Arbeitsfelder des Pfarrdienstes verabschiedet. Damit ist sie der jüngsten Ergänzung des Pfarrdienstgesetzes zuvorgekommen. Im § 25 Pfarrdienstgesetz soll es zukünftig heißen:

„(2a) Der pfarramtliche Dienst muss unter Berücksichtigung der Belange des Gesundheitsschutzes und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wahrgenommen werden können. Dazu erlassen die Evangelische Kirche in Deutschland, die Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüsse bis zum 1. Januar 2027 Regelungen zu Ordnung, Umfang und Planbarkeit des Dienstes, um eine angemessene Arbeitsverteilung und notwendige Priorisierung der Aufgaben zu ermöglichen.“

Angesichts einer Reduktion der Pfarrstellen um insgesamt 32% in den Jahren 2020-2029 ist eine strukturelle Anpassung der zu leistenden Aufgaben für den Pfarrdienst notwendig. Dazu braucht es eine Orientierung, die dabei hilft, die konzeptionellen Anforderungen und Erwartungen an die Pfarrerinnen und Pfarrer im Nachbarschaftsraum berechenbar zu machen. Viel von dem, was der Pfarrdienst leistet, ist aus der Außenperspektive mitunter „unsichtbar“: Die Beerdigung im Nachbarort, die Vorbereitung des Gottesdienstes, Einzelseelsorge, vielerorts auch der Schulunterricht oder die Mitgliedschaft im DSV oder der Landessynode.

Um bei der Planung der Arbeitsbereiche im Nachbarschaftsraum und der Konzeption für die gemeinsame Dienstordnung eine Orientierung für das Maß des Leistbaren und des Erwartbaren zu geben, wurde eine Handreichung für den Pfarrdienst entwickelt. Die Richtwerte für den kirchenmusikalischen Dienst befinden sich in der Überprüfung und eine Orientierungshilfe für den gemeindepädagogischen Dienst ist ebenfalls kurz vor der Veröffentlichung.

Die regionalen und lokalen Ideen für die anstehende Gemeinde- und Kirchenentwicklung können auf diese Weise abgeglichen werden mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Verbunden mit den Richtwerten zur Quantifizierung ist die Hoffnung, dass durch die transparente Aufgabenplanung ein gemeinsames Wirken von Ehrenamtlichen und dem hauptamtlichen Verkündigungsdienst ermöglicht wird, welches den Erfordernissen und Bedürfnissen gerecht wird und zugleich Raum gibt für kreative Gestaltung und Flexibilität.

Zugleich soll der Aufbau der gemeinsamen Dienstordnung unter den zwei Perspektiven der Mitglieder- und Sozialraumorientierung dazu anregen, die Aufgabenbereiche im Nachbarschaftsraum in einer umfassenden Konzeption auf den Prüfstand zu stellen. Zwei Leitfragen können hilfreich sein: „Was von dem, was wir bereits tun, würden wir heute noch beginnen, wenn wir es nicht schon täten?“ und „Wie können wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln dem Auftrag, der sich hier vor Ort stellt, gerecht werden und der Verkündigung des Evangeliums Raum geben?“ Kurz gesagt: „Was dient unserem Auftrag als Gemeinde im Nachbarschaftsraum?“